
Papou

Vor 15 Jahen begegnete ich einem 104-jährigen alten Griechen. Er nannte sich Papou, was Grossvater auf griechisch bedeutet. Er lebte unterhalb der Akropolis und erinnerte mich an Sokrates. Er lehrte nicht direkt, sondern stellte Fragen. Er war ganz dem alt-griechischen Geist hingegeben und Christus war die Fortsetzung, seine Leidenschaft.
In seinen Gebeten, zu denen wir eingeladen waren, gab es Tanz, was mich an die ersten christlichen Jahre erinnerte. Er bezog gesungene Mantren und Gesänge vieler verschiedenen Traditionen von anderen Religionen mit ein, sowie Aussagen alter griechischen Philosophen.
Wir beteten auch im Meer, indem wir einen riesigen Kreis bildeten. Dann sassen wir in der Stille in der prallen Mittagssonne, weder mit Hut noch eingecremt. Dieses Phänomen kann ich mir bis heute nicht erklären. Später sassen wir an einem ewig langem Tisch am Meer. Wir fingen mit gesungenen Gebeten an, feierten das Mahl, und endeten mit alten griechischen Liedern, zu denen auch getanzt wurde.
Was also ist Beten? Da es nicht auf etwas gerichtet ist, das sich außerhalb von einem selbst befindet, injiziert der Duft der Hingabe diese hohe Intelligenz, die man fühlen und mit ihr verschmelzen kann, ohne ihre unendliche Qualität oder ihren Inhalt zu erfassen, Fülle auf allen Ebenen, völlige Freiheit, diese sich öffnende Qualität der Liebe... der ganze Tag, was auch immer man im Begriff ist zu tun, kann ein Akt des Betens sein, eine Hingabe an diesen Moment.
Ramana Maharshi sprach über die Selbsterforschung mit der grundlegenden Frage "Wer bin ich wirklich?", eine Frage, die auch von den alten Griechen gestellt wurde und die auf dem Tor des Apollo-Tempels in Delphi geschrieben stand: "Erkenne dich selbst"
“γνῶ"γνῶθι σεαυτόν"
Zurück zu unserem Sokrates: "Ich weiß, dass ich nichts weiß." [ἓν οἶδα ὅτι] οὐδὲν οἶδα" (in Platos Apologie). Ein Weiser sagte mal folgende Worte: “Wenn ich spreche lüge ich und wenn ich schweige bin ich feige.“